Der häufigste Grund für eine Rektumresektion ist ein gutartiger oder bösartiger Tumor (Rektumkarzinom), der nicht endoskopisch entfernt werden kann. Je nach Tumorausdehnung unterscheidet man zwischen einer Lokalresektion und einer teilweisen resp. vollständigen Entfernung des Rektums. Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (z.B. Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn) ist gelegentlich die vollständige Entfernung des Dickdarms (totale Kolektomie) ohne oder mit Entfernung des Enddarms (Proktokolektomie) indiziert.
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Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein
Vor einer Rektumresektion wird immer eine Koloskopie durchgeführt, bei entzündlichen Erkrankungen zur Untersuchung des gesamten Dickdarms, bei Polypen oder Karzinomen zum Ausschluss von weiteren Tumoren. Beim Rektumkarzinom wird immer auch eine Computertomographie oder Ultraschalluntersuchung durchgeführt, um allfällige Metastasen z.B. in Leber oder Lunge zu entdecken. Um die lokale Ausdehnung eines Rektumtumors noch besser beurteilen zu können, bedient man sich heute der endorektalen Sonographie oder des MRI des Beckens.
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Was ist speziell am Rektumkarzinom verglichen mit dem Kolonkarzinom
In den vergangenen Jahren wurde die Forschung im Bereich der Behandlung des Rektumkarzinoms stark vorangetrieben. Als Folge davon gibt es mehrere Möglichkeiten, einen bösartigen Tumor im Enddarm zu behandeln. Grundlage zur Entscheidung über die Therapiemöglichkeiten bildet immer ein möglichst vollständiges Bild über die Tumorerkrankung und deren Ausdehnung. Dazu werden die oben erwähnten Untersuchungsmethoden verwendet.
Bei fortgeschrittenem Tumorstadium und / oder Lymphknotenbefall neben dem Rektum wird oft eine Radiotherapie kombiniert mit einer Chemotherapie vorgeschlagen. Speziell dabei ist die Tatsache, dass diese Zusatztherapie vor der Operation durchgeführt wird. Die Operation kann damit nicht ersetzt werden, sondern sie folgt in einem Abstand von acht Wochen nach. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass damit die Überlebenschance der Patienten verbessert werden kann. Auch hat man zeigen können, dass durch die Radio-Chemotherapie die operative Entfernung des Enddarms in der Regel erleichtert wird.
Der Entscheid über eine präoperative oder auch neo-adjuvante Radio-Chemotherapie wird bei uns immer durch ein interdisziplinäres Team gefällt, in dem alle beteiligten Fachdisziplinen mitmachen. Dazu gehören die Radiologie, Onkologie, Radiotherapie, Pathologie, Viszeralchirurgie; z.T. auch Gynäkologie, Urologie, Thoraxchirurgie.
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Was passiert vor der Operation
Die betroffenen Patienten treten am Vortag der Operation ins Spital ein. Bei den meisten Patienten werden routinemässig Labor, Lungenröntgen und EKG durchgeführt. Dabei sind die bereits vorgängig beim Hausarzt durchgeführten Untersuchungen willkommen. Die Pflegepersonen empfangen den Patienten und führen ihn in den üblichen Ablauf ein. Der Anästhesist besucht den Patienten und klärt ihn über die Anästhesieform auf, die häufig in einer Kombination von Lumbal- und Intubationsanästhesie besteht. Als Darmvorbereitung genügt in der Regel ein kleiner Einlauf, der am Morgen 1-2 Stunden vor der Operation verabreicht wird. Ausnahme bildet dabei die tiefe Rektumresektion mit künstlichem Dünndarm-Ausgang (Entlastungs-Ileostomie), vor welcher der Darm mit einer Salzlösung entleert werden muss.
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Was wird bei der Operation genau gemacht
Bei gutartigen Rektum-Adenomen und allenfalls Karzinomen im Frühstadium wird in der Regel eine Lokalexzision transanal, d.h. durch den After durchgeführt. In den meisten Fällen sind dies Tumore, die mit der transanal-endoskopischen Mikrochirurgie (TEM) entfernt werden können. Diese Technik wird in einem separaten Kapitel beschrieben.
Grössere und vor allem bösartige Rektumtumore müssen mittels Rektumresektion behandelt werden. Dabei unterscheiden wir zwischen einer vorderen, einer tiefen und einer vollständigen Entfernung des Rektums.
Bei schwieriger Tumorlage resp. Voroperationen empfiehlt sich wegen der besseren Übersicht immer noch die offene Operation via Laparotomie. Für den laparoskopischen Eingriff benötigen wir meist zwischen 5 und 7 kleine Zugänge, die 5-12 mm grosse Hautschnitte bedingen. Der eine Schnitt im linken oder rechten Mittelbauch wird im Verlauf der Operation erweitert um den Darm nach aussen ziehen und entfernen (resezieren) zu können.
Wie beim Kolonkarzinom muss die Lymphknoten-tragende Darmwurzel (Mesenterium) mit entfernt werden. Beim Enddarm bildet das Fettgewebe im kleinen Becken das eigentliche Mesenterium des Rektums. Wichtig bei der Operation ist die vollständige Entfernung des mesorektalen Fettgewebes („TME = total mesorectal excision“), da sonst Tumorgewebe und allenfalls befallene Lymphdrüsen zurückbleiben würden.
In der Rektumchirurgie unterscheiden wir folgende klassische Resektionen:
Anteriore (vordere) Rektumresektion
Diese Operation ist wahrscheinlich die häufigste am Rektum durchgeführte Operation. Je nach Lage des Tumors wird mehr oder weniger weit unten die Resektionsgrenze angesetzt. Nach heutigen Erkenntnissen genügt bei einem bösartigen Tumor ein Sicherheitsabstand von 1 cm. Dabei wird immer auf die vollständige Entfernung der Darmwurzel des Enddarms (Mesorektum) geachtet. In der Regel gelingt die Verbindung des Dickdarms mit dem Rest des Enddarms problemlos. Der Übergang zur tiefen Rektumresektion ist dabei fliessend.
Tiefe Rektumresektion
Diese Operation wird bei Tumoren im mittleren und unteren Rektumdrittel angewendet. Dabei ist es aus onkologischer Sicht sehr wichtig, dass das Mesorektum vollständig mitentfernt wird. Nur so können allenfalls befallene Lymphdrüsen mit entfernt werden. Nicht selten wird eine doppelläufige Entlastungs-Ileostomie angelegt, um durch Ableitung des Stuhlgangs die Abheilung der Darmnaht (Anastomose) nicht zu gefährden.
Vollständige Rektum-Exstirpation mit kolo-analer Anastomose
Bei sehr tiefer Tumorlage muss das Rektum vollständig entfernt werden. Bei jungen Patienten versucht man den Schliessmuskelapparat zu erhalten. Dies gelingt durch die Anlage einer kolo-analen Anastomose, d.h. einer direkten Verbindung zwischen Dickdarm und After. Bei dieser Operation wird routinemässig eine Entlastungs-Ileostomie anagelegt. Nach sechs Wochen kann diese mit einer kleinen Operation wieder zurückverlegt werden.
Prokto-Kolektomie mit ileo-analer Anastomose
Diese Operation wird fast ausschliesslich bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (z.B. Colitis ulcerosa) durchgeführt. Dabei geht es um die Entfernung des gesamten Kolons und des Rektums, um die entzündliche Erkrankung des Darms zu stoppen und allfälligen Entartungen (Krebsgeschwülste) vorzubeugen resp. diese gerade zu entfernen. Um die natürliche Darm-Passage zu erhalten, kann nur der Dünndarm mit dem After wiedervereinigt werden. Der Dünndarm kann zur Bildung eines Ersatz-Enddarms oder Tasche (Pouch) verwendet werden, man spricht dabei von der ileo-analen Pouch-Anastomose.
Abdomino-perineale Rektum-Exstirpation und terminale Kolostomie
Bei sehr tiefer Tumorlage und bei Infiltration des Tumors in den Schliessmuskelapparat kann dieser aus onkologischen Gründen nicht mehr erhalten werden. Entsprechend muss der Enddarm mitsamt dem Schliessmuskel entfernt und ein permanentes Stoma mit dem Restdickdarm angelegt werden. Dabei wird der After entfernt und die Wunde unten definitiv verschlossen.
Komplikationen während der Operation wie Blutung und Verletzung eines Organs (Magen, Milz, Darm, Harnleiter) sind möglich, aber glücklicherweise selten. Wichtig ist die sofortige Erkennung des Problems und die fachgerechte Reparatur der Verletzung, beides Voraussetzungen dafür, dass dem Patienten dadurch kein Nachteil entsteht.
Bei jeder laparoskopischen Operation ist es möglich, dass es aufgrund einer Komplikation oder aufgrund technischer Probleme besser ist, wenn die Operation offen weitergeführt wird. Das bedeutet ein Wechsel von der Laparoskopie zur Laparotomie. Dies führt nicht nur zu einem grösseren Schnitt, sondern bedingt auch die Verwendung anderer Instrumente. Der Wechsel zur offenen Chirurgie gilt dabei nicht als Komplikation, sondern ist vielmehr eine Massnahme zur Sicherheit und zum Wohl des Patienten.
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Was passiert nach der Operation
Die Patienten verweilen nach der Operation eine Nacht auf der Aufwachstation und können anschliessend wieder ins Zimmer gehen. Noch am gleichen Abend kann man trinken, am nächsten Tag gibt es flüssige und am folgenden Tag bereits leichte Kost.
Nach wenigen Tagen können der Periduralkatheter (Lumbalanästhesie), der Blasenkatheter und die Infusion entfernt werden. Die Hautschnitte werden am Schluss der Operation meist durch eine spezielle Nahttechnik verschlossen, d.h. mit einem Faden, der unter der Haut versteckt sich selbst auflösen wird. Entsprechend ist keine Fadenentfernung durch den Hausarzt mehr nötig. Bei einer Laparotomie wird die Haut mit Klammern verschlossen, die nach 10-12 Tagen beim Hausarzt entfernt werden können.
Bei fehlenden Komplikationen können die Patienten meist nach etwa 8 – 10 Tagen nach Hause gehen. Als mögliche Komplikation nach Rektumresektion sind zu nennen: Blutung, Infekt und allgemeine Komplikationen. Beim seltenen Anastomosen-Leck, d.h. wenn die Verbindung der Darmenden nicht gänzlich verheilt und es zu Austritt von Stuhl in die Bauchhöhle kommt, muss in der Regel noch einmal operiert werden. Dabei wird die Anastomose übernäht oder neu angelegt, was oft eine Laparotomie zur Folge hat. Ganz selten muss mal ein künstlicher Darmausgang (Stoma) angelegt werden, der allerdings in den meisten Fällen wieder rückgängig gemacht werden kann.
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Wie muss man sich zu Hause verhalten
Nach einem laparoskopischen Eingriff genügen in der Regel 2-3 Wochen zur Erholung. Nach einer Laparotomie sollte man das Tragen von schweren Lasten und Sport während 4 Wochen unterlassen. Es kann rasch wieder auf die gewohnte Ernährung übergegangen werden, normalerweise ist keine spezielle Diät notwendig.
Im Falle einer Blasenentleerungsstörung muss der Blasenkatheter oder eine suprapubische Harnableitung (Cystofix®: ein durch die Bauchdecke eingelegter Blasenkatheter) mit nach Hause genommen werden. In Zusammenarbeit mit dem Urologen wird geschaut, dass sich die Blasenfunktion erholt und der Katheter später entfernt werden kann.
Die primäre Nachkontrolle findet beim Hausarzt statt. Für eine chirurgische Nachkontrolle sehe ich einen Termin in etwa 6 Wochen vor.
Patientinnen und Patienten, die analen Geschlechtsverkehr haben, werden darauf aufmerksam gemacht, dass man während einem Monat nach der Operation davon absehen sollte. Auch später kann sich nach Gebrauch eines Klammernahtgeräts ganz selten eine Titanklammer aus der Enddarmwand lösen und eine gewisse Verletzungsgefahr für den männlichen Partner darstellen.
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Wie sieht der Langzeitverlauf aus
Je nach Ausmass einer Rektumresektion kann man normal weiterleben. Möglich sind Veränderungen der Stuhlgewohnheiten, die aber durch gesunde Ernährung und reichliche Flüssigkeitszufuhr, gelegentlich aber auch mit Medikamenten reguliert werden müssen. Bei einem vorübergehenden Ileostoma oder bei einem definitiven Kolostoma kommt der Mehraufwand der Stoma-Versorgung dazu. Bei einem definitiven Stoma muss sich der Patient mit der neuen sicher speziellen Situation befassen und mit der Zeit auch abfinden. Durch die wertvolle Zusammenarbeit mit der Stoma-Beratung im Wundambulatorium der Klinik Beau-Site sind meine Patienten durchwegs gut geschult und können mit der neuen Situation meistens gut umgehen.
Nach einer totalen Proktokolektomie tritt immer ein sehr dünner und häufiger Stuhlgang auf, da die Eindickung im Dickdarm nicht mehr stattfinden kann. Hier können eine spezielle Ernährung und die Einnahme von stuhlregulierenden Medikamenten nötig werden. Nicht selten kommt es im Bereich des Dünndarm-Pouch zu Infektionen, die einer speziellen Behandlung zugeführt werden müssen.
Nach Entfernung eines Rektumkarzinoms ist es wichtig, die Richtlinien der Tumor-Nachsorge zu befolgen. Die Untersuchungen werden in der Regel durch den Hausarzt oder den Onkologen organisiert.